Alltag mit Allergien, Brot und Gebäck

Kompromisse finden

Bei Allergien gibt es keinen Mittelweg. Ist eine Allergie vorhanden muss das Allergen gemieden werden. Aber gilt das auch für den Rest der Familie?

Ich backe unglaublich gerne Brot. Knuspriges, herrlich duftendes Brot frisch aus dem Ofen ist etwas Wunderbares! 

Aber: Darf ich mit Leidenschaft Brot backen und geniessen, wenn mein Allergikerkind das nicht kann? Ich bin immer wieder hin- und hergerissen, muss Kompromisse finden. Unser Allergiker soll nicht immer eine Ausnahme bilden. Ich möchte ihm nicht vor Augen führen, was er nicht darf, sondern möglichst viel von dem zeigen, was alles möglich ist. 

Während ab und zu kleine Kompromisse kaum zum Tragen kommen, so ist Brot, das bei uns täglich auf den Tisch kommt, wohl die augenfälligste “Ausnahme”. 

Ich habe angefangen selber Brot zu backen, als Weizen noch kein Allergie-Thema bei uns war. Auch wenn unser Allergiker seit jeher eine Aversion gegen Nahrungsmittel mit Weizen (und verwandte Getreide) gezeigt hatte und diese nie besonders mochte – egal ob Pasta, Brot oder Kuchen. Im Nachhinein ist diese Abneigung natürlich besser zu verstehen. 

Aber ich hatte eine Leidenschaft fürs Brotbacken entdeckt, für die Herstellung von ursprünglichen Teigen mit guten Mehlen.

Dank Judith Erdin (streusel.ch, Dein bestes Brot) sind mir milch- und eifreie Weggli gelungen. Mit Lutz Geisslers Büchern (Brot backen in Perfektion) testete ich Teige mit sehr wenig Hefe und langen Garzeiten und dank Katharina Arrigoni (besondersgut.ch, Lieblingsbrote) hat es sogar mit dem Sauerteig geklappt. Bücher all dieser leidenschaftlichen Brotbäcker stehen bei mir in der Küche. 

Meine Freude für selbstgemachtes Brot hat allerdings Dämpfer erhalten. Den ersten, als wir bei unserem Sohn die Diagnose für eine Weizenallergie und etwas später die Diagnose für die Speiseröhrenentzündung (EoE, eosinophile Ösophagitis) erhalten haben. 

Das schlechte Gewissen meldet sich: Darf ich mit Freude Brot backen und geniessen, wenn mein Allergikerkind das nicht kann?

Dass wir alle immer dasselbe essen, ist bei so umfassenden Nahrungsmittelallergien schwierig. Deswegen machen wir immer wieder Kompromisse. Haben wir Lust auf Pasta, gibt es für unseren Sohn Rösti. Ich könnte auch glutenfreie Pasta machen, nur mag er die von der Konsistenz her nicht. Essen wir Brot, isst er seine Knusperschnittli (Blumenbrot).

Natürlich habe ich schon zig Mal glutenfreies Brot gebacken – teilweise ist es sogar ganz gut gelungen. Nur hat es sich bisher nicht wirklich gelohnt. Während Kuchen und Kekse mittlerweile prima gelingen, sind Brotteige, oder Teige mit Hefe doch noch nicht zufriedenstellend herausgekommen. Was auch der Grund ist, dass hier noch kein glutenfreies Brotrezept vorhanden ist. 

Ausschlaggebend dafür, dass ich weiterhin selber Brot backe, ist wohl mitunter, dass es unserem Sohn nichts ausmacht. Ein weiterer Grund ist, dass wir anderen gutes Brot sehr zu schätzen wissen. So ist unser Haushalt obschon komplett milch- und nussfrei, nicht allergenfrei. Es gibt ab und zu ein Ei für die Nichtallergiker oder eben Brot aus Getreide. Auch deshalb, weil diese Allergene für ihn weniger gefährlich sind.

Allerdings verwende ich für glutenfreie und glutenhaltige Teige immer separate Schüsseln und Küchengeräte. Eine Kontamination soll möglichst ausgeschlossen werden.

So ist es wohl wie in anderen Familiengefügen auch: Kompromisse finden, ohne dass jemand darunter leidet. 

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