Alltag mit Allergien

Kann Spuren enthalten von… oder wenn Essen zum Risiko wird

Auszüge dieses Textes sind erstmals erschienen am 6. Mai 2020 bei mamasunplugged.ch.

Es waren nur Spuren. Geringste Spuren. Am Glacé-Portionierer. Es reichte. Wir sind im Restaurant als die Lippen und Mundschleimhäute unseres Sohnes anschwellen. Sein Gesicht wird grün und blass. Es ist ihm übel, er hat Bauchschmerzen.

Er sieht furchtbar aus.

Glücklicherweise sind wir ausgerüstet: Antihistaminika, ein Cortisonpräparat und die Adrenalinspritze sind immer griffbereit. Stufe eins (Antihistaminika) und zwei (Cortison) des Notfallplans reichen diesmal aus, damit es ihm bald besser geht. Das Adrenalin (Stufe drei) schoss auch ohne Spritze durch unsere (die meines Mannes und meine) Adern.

Es ist ein Erlebnis, das wir nie vergessen werden. Und schuld waren lediglich Spuren von Milch am Glacé-Portionierer, mit dem das allergenfreie Sorbet unseres Sohnes geschöpft wurde.

Glücklicherweise ist unser Alltag nicht immer so dramatisch. Wir sind gut eingerichtet und organisiert. Wir sind ein milchfreier Haushalt, denn Milch ist bei unserem Sohn das stärkste Allergen und enorm heikel.

Ich bemühe mich, für alle dasselbe zu kochen. Wobei das mittlerweile mehr Wunschdenken ist. Aufgrund der Eosinophilen Ösophagitis (EoE), einer chronischen Speiseröhrenentzündung, verzichtet unser Sohn seit dem Frühling dieses Jahres konsequent auch auf Weizen und Gluten. Auf so viele Nahrungsmittelgruppen (Milch, Ei, Soja, Nüsse, Hülsenfrüchte, Fisch, Weizen) zu verzichten, fordert uns immer wieder heraus. Hinzu kommt, dass unser Allergiker selbst viele Nahrungsmittel verschmäht, die er essen dürfte. Stichwort Gemüse. So werden Ausnahmen fast schon zur Regel.

Die Sache mit den Spuren

Wenn es um das Thema Nahrungsmittelallergien geht, gibt es vieles zu beachten. So vieles, was für uns mittlerweile selbstverständlich ist. Denn auch nur Spuren von Allergenen lösen im besten Fall Juckreiz, Übelkeit und Bauchweh aus, im schlimmsten Fall kann es aber lebensbedrohlich sein.

Eine Bratpfanne beispielsweise, die für Eier benutzt wird, ist für die Rösti unseres Sohnes nicht mehr geeignet. Und die wird dann auch nicht mit demselben Schwamm abgewaschen. Schneidebretter, auf denen Käse geschnitten worden ist, werden ebenfalls nur noch dafür verwendet. Weswegen wir auch unsere Bratpfanne und ein Schneidebrett jeweils mit in die Ferienwohnung nehmen. Das Geschirr und Besteck muss spurenfrei sauber sein. Fisch und Nüsse gibt es bei uns ebenfalls nicht, denn Fisch- und Nussallergene werden auch über die Luft übertragen und führen zu Atemschwierigkeiten. Im Küchenschrank steht das glutenhaltige Mehl nicht über dem glutenfreien. Hier empfiehlt sich sowieso am besten die räumlich getrennte Aufbewahrung.

Wenn ich Pasta und Rösti gleichzeitig koche, dann darf die Pasta nicht aus Versehen in die Rösti schwappen. Mehlstaub darf nicht auf seinen Kartoffelstock gelangen.

Es sind aber auch Seifen, Duschmittel und Waschmittel, die Milchbestandteile enthalten können. Weichspüler verwenden wir u.a. wegen der Duftstoffe schon lange nicht mehr.

Ich weiss nicht, wie viel Zeit ich damit verbracht habe, Inhaltsangaben zu studieren. Oft steht dann da noch der nette Hinweis “kann Spuren enthalten  von” und dahinter alles Mögliche.

Spurenfreie Nahrungsmittel sind eine echte Marktlücke.

Oder wenn, dann schwer zu finden.  Schokolade ohne Spuren von Milch und Nüssen zum Beispiel. Ich verweise an dieser Stelle gerne auf die wunderbare Chocolat Bonnat, die spurenfrei sein sollte. Auch bei veganem Joghurt oder Gemüsebrühe ist man vor Spuren nicht in Sicherheit. Hinzu kommt, dass die Richtlinien für die Angabe von Spuren in der Schweiz und in der EU nicht dieselben sind. Die EU-Richtlinien sind hier viel strenger, weswegen bei in der EU produzierten Produkten noch häufiger solche Hinweise zu finden sind.

Die Absicherung der Hersteller ist durchaus nachvollziehbar und auch gut so. Ich bin froh, über jede Angabe auf den Verpackungen. Sie werden schliesslich für uns Allergiker gemacht. Aber leider haben sehr viele vegane, glutenfreie Produkte solche Hinweise, was es unglaublich schwierig macht, wenn man zur Abwechslung gerne mal auf ein solches Produkt zurückgreifen möchte. Das müssen nicht mal unbedingt Fertigprodukte sein, selbst bei bestimmten getrockneten Früchten oder Mehlsorten kommen solche Hinweise vor.

Es scheint unglaublich viel zu sein, was Allergien mit sich bringen, vor allem wenn man alles auf einmal aufzählt. Aber wir können es (noch) nicht ändern. Wir stecken da als Familie alle mittendrin. Ich möchte mir nicht permanent Sorgen machen. Ich will nicht damit hadern und mich grämen. Denn unser Familienleben besteht aus so viel Schönem und Bereicherndem. Und darauf setze ich ganz bewusst meinen Fokus. Auch wenn es manchmal schwer fällt. 

Auf Mamas Unplugged findet ihr folgende Artikel und sogar einen Podcast, in denen ich von Allergien erzähle:

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